Krustenbrechen für mehr Heidekraut: Heinz Sielmann erforscht neue Methoden der Heidepflege

Bodenbearbeitung mit Bürsten zur Erforschung des optimalen Wachstums der Heidepflanzen© Elisabeth Göpfert
1. Austrieb einer Heidepflanze in Sielmanns Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide nach dem Brennen© Michelle Prauß

Die riesigen rosavioletten Heideflächen in der Kyritz-Ruppiner Heide sind nicht von Dauer, wenn die Heidelandschaft nicht gepflegt wird. Die Heinz Sielmann Stiftung erprobt zur Zeit gemeinsam mit dem Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) neue Pflegemaßnahmen, um die Keimung neuer Heidesträucher zu fördern. Im Rahmen des Projekts NaTec wurden in der vergangenen Woche mehrere Versuchsfelder durch so genanntes Krustenbrechen bearbeitet. Im kommenden Frühjahr untersuchen die Wissenschaftler:innen der Stiftung und des GFZ die Versuchsflächen auf das Erscheinen neuer Keimlinge.

NaTec erprobt neue Pflegemethoden

Seit 2017 werden im Rahmen des Projekts NaTec auf verschiedenen Beobachtungsflächen verschiedene Möglichkeiten der Heidepflege erprobt: Kontrolliertes Brennen - das so genannte kalte Brennen - und die Heidemahd. Beide Methoden fördern vor allem den Wiederaustrieb der bearbeiteten Heidepflanzen, haben Michelle Prauß von der Heinz Sielmann Stiftung und Carsten Neumann vom GFZ festgestellt.

 

Das Keimen neuer Heidepflanzen ist nach dem Brennen jedoch schwach ausgeprägt. Dabei sind Heidepflanzen (Calluna vulgaris) so genannte Brandkeimer. Die Hitze fördert das Keimen der Heidekrautsamen. Trotzdem wurde nur auf einem Prozent der Beobachtungsflächen eine Ansiedlung von Keimlingen festgestellt. Vor allem am Wegesrand und in Fahrspuren waren sie zu finden. Diese Bereiche hatten nicht die typische Kruste, die sich nach dem Brennen durch die Verbindung von Asche und Regen bildet.

 

Bürste oder Bagger?

Deshalb beschlossen die Wissenschaftler:innen, auf sechs gebrannten Versuchsflächen in der Größe von 5x15 Metern ein so genanntes Krustenbrechen vorzunehmen. Zwei Flächen wurden mit rotierenden Bürsten bearbeitet, auf den weiteren vier Flächen wurde mit Baggern der Oberboden in drei verschiedenen Tiefen abgeschoben. Einmal wurde nur die Kruste und teilweise die oberste Humusschicht entfernt. Bei der zweiten Fläche wurde die Humusschicht so weit abgetragen, dass der Sand darunter teilweise sichtbar wurde, bei der dritten Baggertiefe wurde die Humusschicht komplett abgetragen, sodass der Sand komplett frei liegt. Auf der vierten Fläche wurde der abgeschobene Oberboden nach dem Aufbrechen der Kruste wieder aufgebracht.

 

„Wir sind sehr gespannt, wie das Experiment ausgeht“, sagt Carsten Neumann vom GFZ. „Bereits im Frühjahr und Frühsommer werden wir sicher die ersten Ergebnisse beobachten können und eine Antwort auf unsere Frage nach Calluna-freundlichen Pflegemethoden bekommen.“

 

Hightech zur Fernerkundung

Unterstützt wird die Auswertung des Experiments durch Fernerkundung. Mittels Drohnen, Flugzeugen und Satelliten wird im NaTec-Projekt seit Beginn 2017 die Vegetation auch aus der Luft erkundet. Die Fernerkundung hilft, größere Heidekrautflächen oder -populationen wiederholt zu beobachten und ihre Entwicklung über mehrere Jahre zu verfolgen und auszuwerten.

 

NaTec-Projekt in Sielmanns Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide

Die Kyritz-Ruppiner Heide ist eine 12.000 ha große Heidelandschaft im Nordwesten Brandenburgs und zählt zu den größten Heidelandschaften Europas. Offene, gehölzarme Heidelandschaften sind selten und durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) besonders geschützt.

 

Die Kyritz-Ruppiner Heide wurde von 1945 bis 1992 durch das sowjetische Militär als Übungs-, Schieß- und Bombenabwurfplatz genutzt, was wesentlich zur Entstehung einer offenen Landschaft führte. Diese wurde vom Heidekraut besiedelt, das noch heute im August einen besonderen und charakteristischen Anblick bietet: Ein lilafarbenes Meer aus Heideblüten. Die Heidelandschaft als Refugium für seltene Arten und als Erholungsraum für den Menschen zu erhalten, ist Anliegen des Projekts. Nur durch menschliche Eingriffe kann der heute selten geworden Lebensraum mit seinen einzigartigen Arten erhalten werden.

 

Seltene Arten profitieren

Daher hat sich das Projekt das Ziel gesetzt, die verschiedenen Methoden der Heidepflege zu bewerten und innovative Ansätze zu entwickeln, um die Flächen für die Zukunft zu sichern. Die Maßnahmen erhalten und schaffen wertvolle Lebensräume für viele gefährdete und bedrohte Arten. Dazu gehören zum Beispiel Zauneidechse und Schlingnatter, das Blattlose Koboldmoos und der Keulenbärlapp oder Vögel wie Heidelerche, Brachpieper, Ziegenmelker und Neuntöter. Auch seltene sand- und wärmeliebende Insektenarten profitieren von der Bearbeitung der Heideflächen. Teilweise entstehen dabei offene Sandflächen mit Heide-Segge, wo Dünensandlaufkäfer, Rote Röhrenspinne und Blauflüglige Ödlandschrecke sich wohlfühlen.

 

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